Einführung in die Thematik
In Deutschland ist der Widerstand gegen den Nationalsozialismus immer Sache einer Minderheit gewesen. Er äußerte sich von Anfang an in unterschiedlichen Vorgehensweisen, die sich in zwei Strategien unterscheiden lassen. Die eine zielte auf einen Umsturz von unten mit dem Ziel, das NS-System zu destabilisieren und durch Erhebung des Volkes zu entmachten. Als Mittel dieser Strategie gelten z. B. die Flugblätter der studentischen Widerstandsgruppe „Weiße Rose”. Die andere zielte auf einen Umsturz von oben, d.h. die Beseitigung des NS-Systems durch eine gewaltsame Aktion. Diese Strategie verfolgten die Frauen und Männer des 20. Juli 1944, die als Einzige durch Kontakte zur Reichswehr über die notwendigen Machtmittel verfügten. Beide Strategien führten nicht zum erhofften Erfolg. Eine Befreiung vom NS-Regime aus eigener Kraft blieb den Deutschen versagt. Neben der Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 hat es eine Vielzahl von Gruppen und Individuen gegeben, die sich gegen das NS-Regime auflehnten. Opposition war in allen gesellschaftlichen Milieus und politischen Überzeugungen zu finden: Widerstand der Arbeiterbewegung und Gewerkschaften, Widerstand traditioneller Eliten, militärischer Widerstand, Widerstand aus christlicher Überzeugung, Jugend- und Studentenopposition, Widerstand Einzelner. Dies zeigt, dass es keine deutsche Widerstandsbewegung im Sinne einer zentral geleiteten einheitlichen Aktion gegeben hat. Vielmehr entstanden zwischen 1933 und 1945 überregional und regional Widerstandsgruppen, die selbständig und unabhängig voneinander agierten. Berührungspunkte zwischen ihnen bestanden allenfalls durch Kontakte einzelner Mitglieder. Ausweitung und Ausdifferenzierung der wissenschaftlichen Forschung zum „Widerstand” haben eine Diskussion um den Widerstandsbegriff nach sich gezogen. Er ist durch Erweiterung und Differenzierung neu definiert worden. Der Terminus „Widerstand” ist zum Oberbegriff für alles nicht regime-konforme Verhalten im NS-Staat geworden, u. a. persönliche „Verweigerung” unter Hinnahme von Nachteilen, eine grundsätzliche „oppositionelle” Haltung, gelegentliches „Meckern” über Alltagsprobleme, vielschichtige Aktionen zum Sturz des NS-Regimes unter persönlichem, meist lebensgefährlichem Einsatz. Somit ist in dieser Bibliografie nicht nur jener „Widerstand” zu finden, der die Beseitigung des NS-Systems zum Ziel gehabt hatte, sondern es sind auch solche Tätigkeiten und Aktionen berücksichtigt, die sich zwar nicht insgesamt gegen das Regime bzw. den Nationalsozialismus richteten, wohl aber gegen bestimmte Erscheinungsformen oder einzelne Personen der NS-Diktatur. „Widerstand” zieht „Verfolgung” nach sich. Neben der „Verfolgung” als Reaktion auf den „Widerstand” gegen das NS-Regime waren auch alle jene Gruppen und Individuen betroffen, die den ideologischen Maßstäben des NS-Regimes nicht entsprachen. Hierzu zählten Verfolgung aus rassischen, religiösen, politischen oder weltanschaulichen Gründen. Somit ist auch der Begriff „Verfolgung” vielschichtig zu definieren.
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